Dr. med. Talazoglu (MedUni Wien)
Auszug Lebenslauf
Seit 2015: Vizerektor für Finanzen an der
MedUni Wien
2007-2012: Unternehmensberater bei
McKinsey & Company
2000-2007: Projektleiter bei HP/Agilent Technologies/Philips Medical Systems
2001-2005: Nebenberufliches Wirtschaftsstudium (FH Wiener Neustadt)
1992-1998: Studium Humanmedizin
(MedUni Wien)
Herr Dr. Talazoglu, wie kam es dazu, dass Sie als Mediziner in die Wirtschaft gewechselt sind?
Im Prinzip ergab sich dieser Wechsel aus einer Zusammenkunft mehrerer Ereignisse. Zum einen war damals die Jobsituation für Ärzte eine andere und es war sehr schwierig als Jungmediziner die gewünschte Assistenzarztstelle zu bekommen. Zum anderen war ich sehr interessiert am Thema IT und zur Zeit der Jahrtausendwende war auch das Internet immer mehr am Aufkommen. So kam es dann dazu, dass ich nach dem Studium in die Healthcare-IT Branche gewechselt habe. Zeitgleich absolvierte ich dann nebenberuflich auch ein Wirtschaftsstudium und wurde so auf die Unternehmensberatungen aufmerksam. Ich wusste nach dem Abschluss meines Wirtschaftsstudiums nicht ganz genau in welchem Bereich ich mich in Zukunft weiterentwickeln möchte und daher erschien mir der Einstieg bei einer Unternehmensberatung als ideale Möglichkeit sozusagen im Schnellverfahren unterschiedlichste Unternehmen bzw. Unternehmensbereiche kennen zu lernen.
Wenn Sie Ihre jetzige Tätigkeit mit der Arbeit als Arzt vergleichen — welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt es?
Rein von der Herangehensweise her würde ich sagen, dass man die Arbeit als Unternehmensberater gut mit der Arbeit als Arzt vergleichen kann. Denn auch als Berater versucht man sich zuerst das Problem des Kunden anzusehen, zu analysieren und schließlich daraus eine „Diagnose“ und eine „Therapie“ abzuleiten. In meiner jetzigen Position als Vizerektor bin ich dahingehend etwas weiter vom Arztberuf entfernt, aber dennoch helfen mir auch hier meine medizinischen Kenntnisse. Beispielsweise kann ich im Rahmen der Budgetgespräche mit den Abteilungsleitern wertschätzend über die zeitliche und inhaltliche Priorisierung von Investitionen diskutieren bzw. Bedarfsplanungen plausibilisieren. Auch den Ärzten gegenüber fällt es aus meiner Sicht leichter mit Jemand zu sprechen, der nicht nur wirtschaftliche, sondern auch medizinische Kenntnisse hat und auch bei den Entscheidungen nicht nur finanzielle Aspekte berücksichtigt.
Ist aus Ihrer Sicht eine betriebswirtschaftliche Zusatzausbildung notwendig, um in der Industrie/Wirtschaft als Mediziner oder Medizinerin Fuß fassen zu können?
Meiner Meinung nach ist für einen Mediziner bzw. eine Medizinerin eine betriebswirtschaftliche Zusatzausbildung nicht unbedingt notwendig, um außerhalb der Klinik Fuß fassen zu können. Viele Firmen insbesondere Unternehmensberatungen bieten die Möglichkeit so genannte Mini-MBAs zu absolvieren, in denen man in relativ kurzer Zeit ein wirtschaftliches Basis-Wissen vermittelt bekommt.
Was raten Sie Medizinern und Medizinerinnen, die über einen Einstieg in eine Unternehmensberatung nachdenken?
Grundsätzlich sollten sich die Mediziner und Medizinerinnen bewusst sein, dass sie sich im Studium nicht nur medizinisches Wissen angeeignet haben, sondern auch eine Art Handwerk gelernt haben, das viel breiter angewendet werden kann. Eine gewisse Anbindung zur Medizin ist gerade während des Einstiegs trotzdem nicht schlecht. Wichtig ist auch, dass man sich mit sich selbst beschäftigt und sich darüber Gedanken macht was einen überhaupt am meisten interessiert. Wenn man das weiß, dann kann man mit dem Medizinstudium im Prinzip alles erreichen und das Studium sehr gut als Handwerk auch in anderen Bereichen einsetzen.